Das Buch „Disconnected Kids“ von Dr. Robert Melillo ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Ansatz für Eltern von Kindern mit ADHS, Autismus-Spektrum-Störungen, Dyslexie oder anderen neurologischen Entwicklungsstörungen geworden. Dr. Melillo vertritt die Theorie, dass diese Störungen nicht durch bleibende Gehirnschäden, sondern durch eine „funktionelle Dyskonnektivität“ zwischen den beiden Gehirnhälften entstehen.
Sein Programm will die Kommunikation zwischen linker und rechter Gehirnhälfte fördern und damit Symptome verringern – ohne ausschließlich auf Medikamente zu setzen.


1. Die Idee der funktionellen Dyskonnektivität

Nach Melillo entwickelt sich das Gehirn bei Kindern mit neurologischen Auffälligkeiten nicht gleichmäßig. Häufig ist eine Gehirnhälfte „unterentwickelt“ im Vergleich zur anderen, wodurch das Zusammenspiel gestört wird. Das führt zu Schwierigkeiten in Bereichen wie Aufmerksamkeit, Impulskontrolle, motorischen Fähigkeiten oder sozialen Interaktionen.
Ziel: Beide Gehirnhälften sollen durch gezielte Stimulation wieder ins Gleichgewicht gebracht werden.


2. Ganzheitlicher Ansatz: Körper und Gehirn arbeiten zusammen

Melillo betont, dass Bewegung und körperliche Aktivität entscheidend sind, um das Gehirn zu „trainieren“. Einseitige Übungen, die gezielt eine Gehirnhälfte aktivieren, sollen dabei helfen, die schwächere Seite zu stärken. Dies umfasst z. B.:

  • Koordinationsübungen und Balance-Training

  • Übungen zur Verbesserung der Sinneswahrnehmung

  • Atemtechniken und Rhythmustraining


3. Ernährung und Lebensstil

Ein weiterer Pfeiler seines Programms ist eine entzündungsarme, nährstoffreiche Ernährung, die das Gehirn optimal versorgt. Melillo empfiehlt, den Zuckerkonsum zu reduzieren, Lebensmittelunverträglichkeiten zu beachten und eine gesunde Darmflora zu fördern, da das Mikrobiom die Gehirnfunktion beeinflussen kann.


4. Verhaltens- und Wahrnehmungstraining

Neben motorischen Übungen setzt Melillo auf sinnesbasierte Stimulationen (z. B. gezieltes Hören, Sehen, Fühlen) und Verhaltenstraining, um die neuronalen Netzwerke zu stärken. Eltern spielen dabei eine aktive Rolle und können die Übungen zu Hause in den Alltag integrieren.


5. Das Melillo-Programm für Eltern

Ein zentraler Aspekt von Disconnected Kids ist, dass Eltern selbst zum „Coach“ ihres Kindes werden. Das Programm ist so aufgebaut, dass es mit einfachen Übungen im Alltag durchgeführt werden kann. Die Grundidee: Die Eltern verstehen die neurologischen Ursachen und können gezielt darauf reagieren.


6. Wissenschaftliche Diskussion

Der Ansatz von Dr. Melillo ist innovativ, aber auch umstritten. Während viele Eltern von positiven Veränderungen berichten, weisen manche Fachleute darauf hin, dass es noch zu wenig unabhängige wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit gibt. Dennoch ist das Programm für viele Familien ein Hoffnungsträger, weil es medikamentenfreie Alternativen bietet und Kinder ganzheitlich betrachtet.


Fazit:

„Disconnected Kids“ ist mehr als nur ein Therapieprogramm – es ist ein ganzheitlicher Ansatz, der Bewegung, Wahrnehmung, Ernährung und Elternarbeit verbindet. Auch wenn der Ansatz nicht als alleinige Therapie gilt, kann er eine wertvolle Ergänzung zu anderen Maßnahmen sein, um Kindern mit ADHS, Autismus oder Lernschwierigkeiten neue Entwicklungschancen zu bieten.